„Chief Pathkiller, es ist meine Hoffnung, daß sowohl meine Frau als auch ich nicht mehr unter den Lebenden weilen werden, wenn diese furchtbaren Dinge geschehen werden.“* (Seite 78)

Cover: Cherokee RoseZum Inhalt

Das Buch beginnt um 1790, als die ersten im Buch auftauchenden Figuren geboren wurden, so daß deren Herkunft kurz erzählt wird. Die eigentliche Handlung setzt dann 1801 ein, als Rosie/Naya nach dem Tod ihrer Eltern von den Cherokee adoptiert wird. Als deren Tochter Cherokee Rose etwa achtzehn Jahre als ist, kommen die Hauptereignisse, um die sich die Handlung dreht, in Schwung: die Vertreibung und gewaltsame Umsiedlung der Cherokee ins Indian Territory im Winter 1838/1839 auf Grund des Indian Removal Act von 1830. Zusammen mit rund vierzehntausend anderen Cherokee muß sie den Weg der Tränen - den Trail of Tears gehen, an dessen Ende über viertausend Tote zu beklagen sein werden.
Einziger Lichtblick ist Lieutenant Britt Claiborne, dessen Großmutter eine Cherokee war. Im Rahmen seiner Möglichkeiten versucht er zu helfen. Dabei kommen sich Cherokee Rose und Britt Claiborne näher. Doch haben sie wirklich eine Zukunft, sollten sie überleben?

 

 

 

Meine Meinung

„Trail of Tears - Pfad der Tränen“ - wer je davon gehört oder gelesen hat, wird es wohl nie mehr vergessen können. Als ich auf diese Trilogie, deren erster Band sich eben damit beschäftigt, gestoßen bin, war mein Interesse geweckt. Nun, nach dem Auslesen, bin ich etwas zwiegespalten. Die Handlung an sich gefiel mir durchaus, die Geschichte gut und flüssig lesbar (abgesehen von manchen Dialogen, die ich etwas, hm, gestelzt und eher unglaubwürdig fand), der historische Verlauf im Großen und Ganzen richtig dargestellt. Aber im Einzelnen liegt dann das Problem.

Das fängt damit an, daß es im Jahr 1809 eher unwahrscheinlich war, das Kongreßmitglieder per Zug reisen konnten (vgl. S. 86) - die erste Eisenbahnstrecke in Nordamerika ging 1826 in Betrieb. Es gibt wohl weitere solche Ungereimtheiten; so wurde, wenn ich das richtig im Kopf behalten habe, am Stausee Chickamauga in Tennesse Rast gemacht - dumm nur, daß der Staudamm dazu erst im 20. Jahrhundert erbaut wurde, es damals diesen See also noch gar nicht gab; die Stadt Gatlinburg gab es zur Zeit, da sie im Buch vorkommt (1801, S. 23ff) noch gar nicht. Dergleichen gibt es noch mehr Ungereimtheiten. Zwar heißt es in der Titelei, daß dies ein Werk der Fiktion sei und historische Personen im Roman nicht unbedingt so sprachen und handelten, wie im Buch, doch wenn in einem Roman Fehler wie die Beschriebenen sind, untergräbt das die Glaubwürdigkeit insgesamt.

Was mich persönlich allerdings deutlich mehr gestört hat, war der missionarische Eifer des Buches. Ich habe schon etliche von Pastoren geschriebene Bücher gelesen, aber so aufdringlich wie hier fand ich es extrem selten bis noch nie. Zumal ich den Eindruck hatte, daß man da heutiges Denken und Reden in die Vergangenheit projiziert hat. Es ist immer wieder von „wiedergeborenen Christen“ die Rede. Ich bin mir nicht sicher, ob der Begriff zu der Zeit, in der die Handlung des Buches angesiedelt ist, schon dermaßen „inflationär“ verwendet wurde. Es wurde an einer Stelle im Buch (s. 270) ein Vers aus dem Buch Hiob zitiert, frei übersetzt „Der Herr hat gegeben - der Herr hat genommen. Gepriesen sei der Name des Herrn.“ (Hiob 1.21) Es gibt naturgemäß viele Tote in diesem Buch, aber daß so gut wie alle Anverwandten genau nach diesem Vorbild denken und handeln? In der Hinsicht ist das Buch voll von Hiobs - da sind die Autoren in ihrem Anliegen, einen christlich geprägten Roman zu schreiben, weit über das Ziel hinausgeschossen, denn dies wirkt auf mich völlig unglaubwürdig. Ich habe mich an Monumentalfilme erinnert gefühlt, die im alten Rom zur Zeit der Christenverfolgung spielen und alle freudig in die Arena des Colosseums getrieben werden.

Wenn man das Buch als evangelikale Predigt verstehen will, mag das noch angehen. Für einen historischen Roman erscheint mir eine solche Schreibweise jedoch nicht sonderlich angebracht, zumal ich - wenn man an all das Leid denkt, das die Cherokee seinerzeit erleiden mußten - eine solch klaglose Hinnahme (nach der Erkenntnis, daß die tote Ehefrau nun im Himmel ist, folgt augenblicklich die Freude und das Lob darüber) eher die große Ausnahme denn die Regel ist. Auch unter Christen. Es mag auch sein, daß der Begriff „Schamane“ die genaue („weiße“) Bezeichnung für einen Medizinmann eines Stammes ist, jedoch bezweifle ich, daß dieser Begriff innerhalb des Stammes oder gar vom Medizinmann selbst verwendet wurde.

Schließlich sei noch erwähnt, daß die Autoren die Historie etwas schöngefärbt haben. Die Cherokee erhielten eben keine Zeit zur Vorbereitung, die Soldaten stürmten ins Haus, enteigneten die Familien und gaben rund eine Stunde Zeit zu packen, was man mitnehmen wollte. Und manchmal nicht mal das - da blieb den Vertriebenen nur noch das, was sie auf dem Leib trugen. Es ging auch nicht sofort auf die Reise, viele mußten wochen- oder gar monatelang in Lagern, für die auch die Bezeichnung „Konzentrationslager“ auftaucht, dahin vegetieren. Von den etwa vierzehntausend betroffenen Cherokee sind etwa viertausend ums Leben gekommen, moderne Schätzungen sprechen auch von bis zu achttausend Toten, ein guter Teil davon schon den den Lagern.

Nach so viel Negativem sei als Positives erwähnt, daß der prinzipielle Verlauf der Handlung den historischen Überlieferungen entspricht, wenngleich vieles verkürzt und sehr vereinfacht dargestellt, manches auch weggelassen wurde. Allerdings ist dies hier ein Roman, kein Sachbuch, da sei das verziehen. Übrigens scheint der im Buch vorkommende Pastor Layne Ward ein Vorbild im realen Leben mit Familiennamen Evans gehabt zu haben.

Gut war diese „Verkürzung“ sicherlich auch in der Darstellung des unsäglichen Leids, das die Menschen erdulden mußten. Die Grausamkeit der Soldaten und des Weges kommt zwar immer wieder durch, wird aber nicht groß ausgebreitet, so daß es für den Leser in erträglichem Rahmen bleibt. Die Reise selbst fand übrigens nicht, wie die Beschreibungen im Buch annehmen lassen würden, in einem einzigen langen Treck von rund vierzehntausend Cherokee statt, sondern John Ross hat Gruppen von rund tausend Menschen zusammengestellt, die sich dann gemeinsam auf den Weg machten.

Am Ende bin ich wie gesagt, zwiegespalten. Selten habe ich an einem Roman so viel kritisiert wie hier, dennoch bereue ich es nicht, ihn gelesen zu haben. Denn trotz allem habe ich mich (so weit das bei so einem ernsten Thema geht) gut unterhalten gefühlt. Ich will auf jeden Fall wissen, wie es den Überlebenden des Trecks in der Zukunft ergeht, weshalb ich auch die beiden Folgebände lesen werde. Ob es dann allerdings zu weiteren Büchern der Autoren kommen wird (manche würden mich vom Thema her interessieren), ist eine ganz andere Frage.

 

Mein Fazit

Eine Roman über den Trail of Tears der Cherokee im Winter 1838/1839. Etliche Ungenauigkeiten und übermäßige Missionierung trüben leider die Lesefreude.

 

 

Originaltext

* = „Chief Pathkiller, it is my hope that both my wife and I will not be among the living when this horrible thing happens.

 

 

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