Sieht man das Tuch zum ersten Mal im Original, so besticht es zunächst durch seine Ausmaße: Es ist insgesamt etwa 4,36 m lang und 1,10 m breit. An den Enden, an denen es bei Ausstellungen angefaßt wurde, macht es einen abgegriffenen Eindruck. Weiterhin fallen eine Anzahl quer verlaufender Linien auf. Es handelt sich hierbei um Falten, die im Laufe der Jahrhunderte entstanden sind.

Am linken Rand ist ein 7,5 cm breiter Streifen angenäht worden. Mit diesem hat es eine besondere Bewandtnis: denn erst durch diese Verbreiterung des Tuches kommt das Bildnis, wie wir es heute kennen, genau in die Mitte des Tuches.

Aus einer Entfernung von mindestens fünf Metern sieht man recht deutlich die Konturen eines unbekleideten Mannes auf dem Linnen. Die Hände sind über dem Schoß gekreuzt. Vorder- und Rückseite stehen über Kopf zueinander. Das heißt, der Mann hat auf dem Tuch gelegen, welches dann üer seinen Kopf hinweg über ihn geschlagen wurde,um ihn abzudecken.

Was ist zum Gewebe selbst zu sagen? Außer dem Bildnis weist es eine Vielzahl von auffälligen Stellen und Spuren auf. Sie legen Zeugnis ab von der bewegten Geschichte, die das Tuch im Laufe der Jahrhunderte erfuhr.

Im Jahre 1532 wäre das Linnen beinahe vernichtet worden. Es lag seinerzeit in einem Silberschrein in der Kapelle von Chambéry, der Residenz der Herzöge von Savoyen. Ein Brand brach aus, dem auch die Kapelle zum Opfer fiel. Erst im letzten Augenblick konnte der Schrein den Flammen entrissen werden. Durch die große Hitze war jedoch ein Teil des Silbers bereits geschmolzen und über eine Ecke des gefalteten Tuches geflossen. Dadurch wurde es an dieser Stelle versengt. Diese Brandschäden sind heute entlang von zwei Längsachsen recht und links des Bildes deutlich zu erkennen. An den Stellen, an denen es ganz versengt war, wurden von Klarissenschwestern dreieckige Stofflicken aufgesetzt. Die rautenförmigen Flecken stammen von dem Löschwasser, welches über das Tuch geschüttet wurde. Daß das Linnen bereits früher der Gefahr der Vernichtung durch Feuer ausgesetzt war, zeigen weitere Brandspuren neben den Händen (bzw. an der Rückseite in Höhe der Oberschenkel).

Zuletzt war das Tuch der Gefahr der Vernichtung durch Feuer am 12. April 1997 ausgesetzt, als ein Brand in der Kathedrale von Turin wütete und das Linnen im letzten Moment von einem beherzten Feuerwehrmann gerettet werden konnte.

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Entnommen aus: Bernhard Gregor "Der Gekreuzigte des Grabtuches", Diareihe, © 1993 Medien-Verlag Bernhard Gregor GmbH, Niederaula