Wir hatten ja das ganze Leben noch vor uns.
Doch da täuschte ich mich. (Seite 222)

 

Cover: Gottes Gnade trägt

 

Zum Inhalt

Am 2. Oktober 2006 dringt ein Mann in Nickel Mines in die Amish-Schule ein, verbarrikadiert sich, erschießt fünf Mädchen und anschließend sich selbst. Hier erzählt seine Witwe und Mutter seiner drei Kinder, wie sie das erlebt und vor allem die folgenden Jahre überlebt hat und schließlich zu neuem Lebensmut fand.

 

 

 

 

Kommentar / Meine Meinung

Mit den Worten „Das war das (emotional) härteste Buch, das ich je gelesen habe.“, habe ich meine Rezi zum Buch „Think No Evil“ über den Amoklauf in der Amish-Schule in Nickel Mines begonnen. Diese Aussage trifft auf dieses Buch sicherlich nicht zu, auch wenn es um das gleiche Ereignis, jedoch aus anderer Perspektive, geht. Denn der Amoklauf wird zwar angesprochen, aber nur im Rahmen des hier für das Verständnis Notwendigen beschrieben.

Über jenes schreckliche Ereignis habe ich schon einiges gelesen, daher war es für mich sehr interessant zu erfahren, wie das aus Sicht einer direkt Betroffenen aussieht. Denn wie geht man damit um, wenn der Mensch, den man zu kennen glaubt, der den Kindern ein liebevoller Vater ist, plötzlich und anscheinend ohne Vorwarnung fünf Kinder und sich selbst erschießt?

Das Buch hat mich jetzt etwas zwiegespalten zurückgelassen. Einerseits denke ich, daß die Autorin alles so geschrieben hat, wie sie es erlebt hat. Das, was nicht nur ihr Privatleben betraf, kannte ich meist schon aus anderen Schilderungen, mit denen es übereinstimmte. Über weite Strecken hatte ich jedoch das Gefühl, als ob sie ihr Leben, ihre Entwicklung nach dem Amoklauf rückblickend durch eine (zu) rosarote, verklärende Brille sieht. Ich nehme an, sie hat es so erlebt bzw. empfunden, jedoch ist das für meine Begriffe nur sehr schwer in einem Buch darzustellen.

Vielleicht hat es aber auch etwas damit zu tun, daß sie durch das Ereignis selbst so unter Schock stand, daß die Erinnerungen getrübt sind, denn je weiter sie sich zeitlich vom Amoklauf entfernt, um so glaubwürdiger und nachvollziehbarer empfand ich ihre Schilderungen. Da sie eine Mitautorin hat, könnte es auch sein, daß zu sehr „formuliert“ und „geglättet“ wurde. Gerade bei so einem Buch wäre vermutlich der „rohe“ Text der Autorin authentischer gewesen.

Insgesamt jedoch bin ich froh, das Buch gelesen zu haben. Denn zum Einen vervollständigt es die Sicht auf die Geschehnisse, zum Anderen will die Autorin aufzeigen, daß man auch in solch schlimmen Situationen nicht von Gott verlassen, daß der Glaube zwar auf eine harte Probe gestellt wird, aber dennoch durchtragen kann. „Gott forderte mich nicht auf, die harte Wirklichkeit zu vergessen, sondern das Leben so anzunehmen, wie es war, und Freude daran zu haben!“ (S. 215) ist die Erfahrung, die die Autorin macht und vermitteln will.

Immer wieder beeindruckend sind die Verhaltensweisen der Amish: selbst zum Begräbnis des Täters kommen sie und schützen seine Witwe und deren Kinder (S. 177). Oder S. 229: „Wir haben einander. Wir denken dann an Sie. Sie haben niemanden.“ Man stelle sich das mal vor, man wäre selbst betroffen. Wie würden wir wohl reagieren??? Wie würde „unsere“ Gesellschaft im Vergleich zu „deren“ reagieren???

Was bleibt, ist ein Stachel im Fleisch „unserer“ Gesellschaft. Einer, der überdeutlich darauf hinweist, daß unsere Art zu Leben und zu Denken nicht die einzig Mögliche, möglicherweise nicht die einzig Wahre und Richtige ist. Daß es sehr wohl einen Gegenentwurf gibt. Einen Gegenentwurf, der zur Bestimmung der eigenen Position zwingt, indem er diese radikal infrage stellt. Es ist an jedem einzelnen, auf diese Frage eine Antwort zu finden.

Doch die Entscheidung liegt bei uns, wie wir uns an etwas erinnern wollen, was wir nicht vergessen können. („Die Gnade der Amish “, Kraybill / Nolt / Weaver-Zercher, Seite 226)

 

Kurzfassung

Die Witwe des Amokläufers von Nickel Mines berichtet, wie sie und ihre Familie mit dem schrecklichen Ereignis umgingen bzw. danach weiterleben mußten bzw. konnten.

 

Über die Autorin

Marie Monville wuchs in Pennsylvania auf und heiratete Charlie Roberts, mit dem sie drei Kinder hat. Am 2. Oktober 2006 wurde ihr Leben auf den Kopf gestellt, als ihr Mann in einer Amisch-Schule fünf Mädchen und anschließend sich selbst tötete. Mit ihrem zweiten Mann lebt sie noch immer in der Nähe.

Bibliographische Angaben

344 Seiten, gebunden mit Schutzumschlag. Originaltitel: One Light Still Shines. Aus dem Amerikanischen von Herta Martinache
Verlag: SCM Hänssler, Holzgerlingen 2014

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