„Du sagst es, ich bin ein König. Ich bin dazu geboren und in die Welt gekommen, dass ich Zeugnis für die Wahrheit ablege.“ (Seite 212)

 

Cover: Die neunte Stunde

 

Zum Inhalt

Nachdem sich der Mime Stephaton auf der Bühne kritisch zu Kaiser Tiberius äußert, wird er zu zwei Jahren Dienst als Hilfssoldat verurteilt. Unsicher, ob er seine große Liebe Sara wiedersehen wird, reist er nach Jerusalem. Dort muß er in einem Hinrichtungskommando dienen. Sara hat sich inzwischen einem gewissen Rabbi Jesus als Jüngerin angeschlossen. Aber dann wird dieser verhaftet und zum Tode verurteilt.

 

 

 

 

Kommentar / Meine Meinung

Innerhalb relativ kurzer Zeit habe ich nun zwei Bücher, die die Passion Jesu beinhalten, gelesen - ein Sachbuch sowie diesen Roman. Das erleichtert es nicht gerade, gilt es doch, zwei Mal über sehr Ähnliches zu schreiben. Und eine Rezi zur Passion ist ohnehin etwas ungewohnt.

Wobei Günter Krieger natürlich nicht einfach die Passion der Evangelien nacherzählt, sondern die Geschehnisse in einen größeren Zusammenhang bzw. eine Rahmenhandlung gestellt hat. Diese beginnt etwa zwei Jahre vor jenen Ereignissen und interessanterweise spielt ein griechischer junger Mann, Stephaton, eine Rolle. Interessant insoweit, als daß er eben kein Jude ist und dem Ganzen etwas reserviert und skeptisch gegenübersteht. Wundererzählungen nimmt er nicht einfach als gegeben hin, sondern hinterfragt diese. Für ihn ist Jesus nichts weiter als einer von vielen Wanderpredigern jeder Zeit.

Das erste Mal hört er von Jesus, weil seine jüdische Freundin ihn zu einer Predigt mitnimmt. Hier hat der Autor die Bergpredigt auf eine Weise verarbeitet und geschildert, daß sie für den Leser so beeindruckend werden kann, wie sie es für die damaligen Zuhörer vermutlich war. Es ist, als ob man selbst im Gras sitzt und Jesu Worten lauscht.

Stephaton ist Schauspieler, Mime nannte man das zu seiner Zeit, und während einer Aufführung kommt es zu einer Situation, die die Obrigkeit als beleidigend empfindet. Das war damals nun nicht so einfach zu übergehen wir heute, und nur den guten Beziehungen seines Vaters verdankt es Stephaton, daß er zu zwei Jahren Hilfsdiensten in einer Militäreinheit in Jerusalem „begnadigt“ wird. Was das für eine Einheit ist, wird er sehr bald lernen: es ist ein Hinrichtungskommando. Kaum dort eingetroffen, muß er auch gleich seinen ersten Dienst antreten. Als der Name Jehohanan fiel, wurde mir ganz anders. Denn wie der gekreuzigt wurde, ist mir nur zu gut bekannt; seine Gebeine sind der bis heute einzige archäologische Beweise für eine antike Kreuzigung sowie dafür, daß ein Kreuzigungsopfer bestattet werden konnte (bzw. durfte). Zum Glück geht der Autor nicht zu sehr ins Detail, und auch mit den weiteren Gelegenheiten, die sich Stephaton in der Hinsicht zwangsweise boten, verschont er uns dankenswerterweise.

Kurz vor Ende seiner Dienstzeit soll ein jüdischer Rabbi namens Jesus verhaftet und hingerichtet werden. Im Folgenden gelingt dem Autor eine solch intensive Schilderung der Ereignisse, daß man das Gefühl hat, den Geschehnissen selbst hautnah beizuwohnen. Man hört Waffen klirren, Schritte in den nächtlichen Gassen widerhallen, die Anklagen und Verhandlungen vor Pilatus wie Herodes bis hin bis zum bitteren Ende auf Golgota.

Der Autor hält sich bei seinen Schilderungen recht genau an die überlieferten Berichte und füllt Lücken dermaßen realistisch, daß es eigentlich nur so gewesen sein kann. Im Nachwort geht Günter Krieger dann noch auf die Unterschiede von „Fakt“ und „Fiktion“ ein. Er begründet auch, weshalb er die Handlung im Jahr 30 ansiedelt und was die Legende zu manchem der im Buch Auftretenden weiß.

Eine gut lesbarer Roman aus der Zeit Jesu und einer der besten biblischen, die ich bisher gelesen habe.

 

Kurzfassung

Der Autor zeichnet ein mehr als lebendiges Bild von den Geschehnissen der ersten Karwoche und vermittelt dem Leser das Gefühl, direkt dabei gewesen zu sein.

 

 

Über den Autor

Günter Krieger wurde 1965 geboren und hat Krankenpfleger gelernt. Seit 1999 ist er als freier Schriftsteller tätig und hat etliche meist historische Romane verfaßt. Mit seiner Frau lebt er bei Düren.

Bibliographische Angaben

271 Seiten, 1 Karte, gebunden. Verlag: Brunnen Verlag, Gießen 2015